Zufällige Verhaltensmutationen oder Vererbung von erlernten Verhaltensweisen?
Die Problematik der zufälligen Verhaltensmutationen
Durch die Vorherrschaft der synthetischen oder neodarwinistischen Theorie in der Evolutionsbiologie und der mit ihr verbundenen Ablehnung der Möglichkeit einer Vererbung erworbener Eigenschaften (Lamarckismus), werden vererbte Verhaltensweisen allein auf Zufallsmutationen zurückgeführt, die von der Selektion ausgewählt worden sein sollen. Eingehend beschäftigt sich damit die Theorie vom egoistischen Gen, die allerdings die (einschränkenden) Modelle der synthetischen Evolutionstheorie (Evolution hauptsächlich in separierten bzw. isolierten Populationen) links liegen lässt und im Grunde mit seiner Argumentation zeitlich vor diese Theorie zurückgeht.
Mit den Belegen für diese Auffassung ist es allerdings nicht weit her. Natürlich gibt biochemische Stoffe, die z.B. die Aggressionsbereitschaft oder andere Elemente des Verhaltens steigern oder senken, ja durch Abwesenheit zum Verschwinden bringen können, und diese lassen sich dann, bisher aber nur im Einzelfall, letztendlich auf eine genetische Basis zurückführen.
In ähnlicher Weise können die bekanntesten Beispiele für eine Beziehung zwischen Verhalten und Genen gedeutet werden:
- Bei einer Meeresschnecke (Seehase) konnte man mittels eines Peptids, welches man in bestimmte Zellen des Schneckenganglions(= Gehirnanalog) applizierte, eine (für Schnecken) schon recht komplexe Handlungsweise herbeiführen: die Schnecke stößt ihre Eier aus und befestigt diese z.B. an einem festen Untergrund, in der Regel einen Stein. Es verhält sich allerdings so, dass dieses Peptid ganz offensichtlich ein Botenstoff ist, der die Schnecke davon informiert, dass ihre Eier befruchtet sind und diese Information ist dann gekoppelt mit dem Ausstoßen der Eier und der Befestigung des Laichs an einem Felsen etc., denn: die Schnecke stößt die Eier nach Verabreichung des Peptids in jedem Fall, also auch, unbefruchtet aus![1] Insofern enthält das Peptid nicht die Verhaltensinformation selbst, sondern ist deren Auslöser!
- Bei der Kreuzung von Zugvogelpopulationen einer Art, die jeweils verschiedene Zugziele haben, hat die Kreuzung sowohl zu einer Vermischung der Flugrichtungen als auch der Zugunruhe geführt. Es wird sich wie im Fall des Seehasen verhalten: eine bestimmte genetischer Stoff übermittelt die Intensivität der Flugrichtung bzw. der Zugunruhe.
Die Beispiele zeigen: Es besteht ohne Zweifel eine Verbindung zwischen bestimmten Verhaltensweisen und Produkten der Gene, aber das ist im Grunde nichts neues: Hormone etc. dienen als Signalstoffe des Körpers für das Gehirn und umgekehrt. Die Zurückführung eines komplexen Verhaltens auf Gene ist bisher nicht gelungen!
Das wäre auch erstaunlich, würde es doch unsere Vorstellungen von den Genen, die nichts anderes darstellen, als den Herstellungscode für biochemische Stoffe, vollkommen sprengen:
Sollte ein komplexes Verhalten genetisch verankert sein, hieße dies, dass eine ganz spezielle Vernetzung von Tausenden, Zehntausenden, ja von Hundertausenden und mehr Neuronen quer durch das Gehirn untereinander, in den Genen gespeichert sein müsste. Das eben gesagte gilt für eine einzige komplexe Verhaltensweise, doch die Lebewesen besitzen derer ja z. T. eine ganze Menge.
Erscheint schon dies unwahrscheinlich, so ist es noch unwahrscheinlicher, dass sich Verhaltensweisen aus reinem Zufall, also durch kleine Mutationsschritte, bilden können, die zu ihrer Umsetzung eine recht genaue Verankerung in einer den Genen unbekannten Umwelt benötigen. Man mag an dieser Stelle einwenden, dass ja auch der Mensch schon mit einem gewissen Maß an neuronalen Vernetzungen geboren wird und von daher eine genetische Verankerung von neuronalen Vernetzungen nahe liegt.
Andererseits werden vom sich entwickelnden Embryo erheblich mehr neuronale Zellen gebildet, als benötigt werden. Dieser Überschuss geht dann wieder zu Grunde. Das steht doch wohl einer vorgeprägten genetischen Verbindungsplanung von Neuronen etwas im Wege. Es könnte also sein, dass die neuronalen Verbindungen, die schon ein gerade geborenes Baby aufzeigt, sich größtenteils als Ergebnis der ersten Sinneseindrücke des Embryos selbst gebildet haben können. Das träfe sogar auf eierlegende Lebewesen zu, bei denen sich z.B. im Endstadium der Entwicklung bei Alligatoren, die Embryonen durch Töne darauf einigen, wann der beste gemeinsame Termin zum Schlüpfen vorliegt.
Vor allem: Es könnte sehr wohl sein, dass das, was nach großen vererbten Verhaltensmutationen aussieht, die Addition von winzigen genetischen Komponenten mit artbedingten körperlichen Besonderheiten in einer spezifischen Umwelt darstellt.
In diesem Modell könnten kleine Verhaltensmutationen, wie schon oben beschrieben, ein bestehendes Verhalten verstärken, verringern oder sogar verhindern, sie wären aber nicht seine Ursache!
Dann wären kleine Verhaltensmutationen die Knetmasse für die biologische Intelligenz.
In der Tat erstaunt es und unterstreicht damit die eben getroffene Feststellung, dass viele grundlegende Verhaltensweisen offensichtlich nur quasi mosaikartig oder unvollständig vererbt werden, so z.B. wenn Küken zwar runde Körner bevorzugen, aber auch anders geformte versuchen. Oder wenn Frösche immer wieder von neuem lernen müssen, dass Wespen stechen können. Oder wenn soeben geschlüpfte Gänse jeden möglichen Gegenstand für ihre Mutter halten.
Darüber hinaus lassen sich selbst verblüffendste Fähigkeiten bei Insekten, die wie angeboren erscheinen, auf Traditionslernen zurückführen: So gründen sowohl bei Termiten als auch bei Ameisen oftmals junge Königinnen einen neuen Staat, indem sie unterwegs getroffene Arbeiter(innen) für sich einnehmen. Diese angeworbenen Arbeiterinnen besitzen aber quasi schon eine vollständige Ausbildung für alle jene Dienste, die dann im Innern eines Nestes anfallen.
Ähnlich verhält es sich bei den Honigbienen: Der Staat teilt sich, wenn die Königin schwärmt!
Hiervon ausgehend, böte sich uns folgendes Bild: Als wesentliches Element des Verhaltens könnte man die biologische Intelligenz eines Lebewesens ansehen. Aus kleinsten vererbten Verhaltensmosaiken sowie der physischen Realität eines Lebewesens in seiner Umwelt, vermag sie ein angemessenes Verhalten zu konstruieren, bzw. auf Grund geänderter Umweltbedingungen ein diesen angepasstes, neues Verhalten einzuleiten, welches seinerseits eventuell später durch kleinste Verhaltensmutationen bestätigt wird.
Unsere Theorie wäre also mit den herrschenden biologischen Auffassungen vereinbar; sie würde der These von den geschlossenen Verhaltensprogrammen, die für nicht änderbar angesehen werden und von den offenen Verhaltensprogrammen, die flexibel sind, geradezu Leben einhauchen: Je stärker Verhaltensprogramme auf vererbten Teilinformationen beruhen, umso weniger vermag die biologische Intelligenz eines Lebewesens, diese zu beeinflussen und bei den offenen Programmen verhält es sich demgegenüber genau umgekehrt. Der einzige Gegensatz bestünde darin, dass wir die biologische Intelligenz als grundsätzlich bei jedem Lebewesen existierend ansehen würden. In unserem Modell hätte sich demnach das intelligente Verarbeitungsprogramm niemals prinzipiell verändert, sondern seine Möglichkeiten wären durch verbesserte Sinnesorgane sowie durch größere Gehirne potenziert worden.
Diese sicherlich zunächst etwas ungewohnte Auffassung entspricht aber im gewissen Sinne der Situation, die wir vorfinden, wenn wir die biochemischen Abläufe in Einzellern mit denjenigen einzelner Zellen von Mehrzellern vergleichen. Auch bei diesem biochemischen Vergleich ergibt sich: Die als Urtiere(= Protozoen) bezeichneten Einzeller funktionieren keineswegs einfacher, sondern im Einzelfall sogar erheblich komplizierter als die einzelnen Zellen von Mehrzellern.[2]
Die Theorie von der biologischen Intelligenz kann nun geradezu elegant erklären, warum einzellige Pantoffeltiere Winkel schwimmen können[3] oder es schon auf der Ebene von Insektenstaaten z.B. zur Herausbildung von Landwirtschaft und Viehzucht kommen konnte. Oder warum Rabenvögel eine Intelligenz zeigen, die man sonst nur bei Menschenaffen zu finden glaubte: Eine der kniffligsten Aufgaben geht so: Der Rabe sitzt auf der Stange. Senkrecht unter ihm hängt ein Stück Fleisch ... es gibt nur eine Lösung. Der Rabe muss mit dem Schnabel die Schnur ein wenig hochziehen, sorgsam zu einer Schlaufe legen und ein Bein darauf setzen ... Die besten Prüflinge(= Raben) sahen sich die Rätselaufgabe in Ruhe an, dann zurrten sie das Fleisch hoch. Sie machten es auf Anhieb richtig. Es scheint, als hätten sie das Problem im Geiste durchgespielt. ... Das innere Vorausbedenken und Erwägen von Handlungen jedoch ist eine ziemlich hohe Stufe von Intelligenz. Nicht einmal Primaten fällt das immer leicht.[4]
Ohne Zweifel besitzen Raben, warmblütige Tiere wie Schimpansen, ein viel kleineres Gehirn als Primaten, aber das Arbeitsprinzip, die biologische Intelligenz, ist dasselbe!
Man könnte die kleinen mosaikartigen, genetisch vererbten Elemente des Verhaltens auch als nachträgliche Bestätigung oder Fixierung eines schon bestehenden Verhaltens ansehen: soeben geschlüpfte Gänse suchen dann dadurch sofort die Nähe der Mutter, anstatt z.B. zunächst ratlos zu sein und erst die Mutter auf sich zukommen zu lassen, oder sich seinen Geschwistern anzuschließen, wobei letzteres auch erfolgreich wäre und der Fall sein könnte.
Unsere Theorie verträgt sich also mit den vorherrschenden biologischen Vorstellungen und Ergebnissen in Hinsicht auf den Erwerb und der gleichsam unvollständige Art von Vererbung von Verhaltensweisen, wäre da nicht z.B. der afrikanische Webervogel. Der Name sagt es schon, dieser webt ein überaus kunstvolles Nest und diese Fähigkeit besitzt auch schon ein künstlich bebrüteter und durch Menschen aufgezogener Webervogel.
Kleine mosaikartige vererbte Verhaltensimpulse plus körperliche Gestalt plus biologische Intelligenz plus Umwelt reichen hier möglicherweise nicht mehr aus, um zu erklären, wie es dieser Vogel schafft, einen komplizierten Bauplan für ein Nest zu verwirklichen, welches er nicht kennt.
Des weiteren lassen sich eine Reihe von Beispielen, vor allem aus dem Reich der Insekten anführen, bei denen die Larven und schließlich auch die erwachsenen Tiere eine Vielzahl von höchst komplexen Verhaltensweisen anwenden, ohne jemals von ihren Eltern darin eingeübt worden zu sein und zwar einfach deswegen, weil es bei diesen Insekten keine oder nur eine vorübergehende Brutpflege gibt.
Sehen wir uns ein Beispiel an:
Die einzeln lebende weibliche Grabwespe gräbt bis zu 6 Erdlöcher an unterschiedlichen Standorten und legt dort jeweils ein Ei hinein. Dann verschließt die Mutter die Erdlöcher mit einem kleinen Stein. Nun bringt sie Tag für Tag betäubte Raupen in die Erdlöcher, bis sich pro Erdloch neben dem Ei ca. ein halbes Dutzend gelähmte Raupen als lebender Nahrungsvorrat befinden. Nun ist ihre mütterliche Tätigkeit abgeschlossen und sie verschließt die Erdlöcher. Die Nachkommen sind sich selbst überlassen und haben, wenn sie schließlich als ausgewachsene Grabwespe ihr Erdloch verlassen, ihre Mutter niemals gesehen. Daraus folgt: Dieses gesamte, recht komplexe Brutverhalten muss vererbt sein, inklusive der Menge der benötigten Raupenzahl.Und daraus kann man schlussfolgern: Es scheint, neben der Vererbung mosaikartiger Verhaltensstimulierungen, eine ganz andere Art und Weise der Vererbung von Verhaltensweisen zu geben, die doch äußerst umfassend und exakt ist. Ist es aber denkbar, dass eine solche Vererbung das Ergebnis zufälliger kleiner Mutationen darstellt; kann überhaupt in den Genen die Bauanweisung für das komplizierte Nest des Webervogels, als auch für das Baumaterial selbst, sowie für die Art und Weise der Verknüpfung des Baumaterials, durch Zufall entstehen ? Können sich kleine Zufallsverhaltensmutationen zu Erdlöchern, die man mit Steinen verschließt und zu zu betäubenden Raupen, die man in einer bestimmten Anzahl in diese an unterschiedlichen Standorten angelegten Erdlöcher hineinlegt und welche man als Grabwespe nach Ablauf diese Programms endgültig verschließt, addieren?
Wer da ohne langes Nachdenken sofort ja sagt, traut Genen, die ja eigentlich nur Baupläne für Enzyme, Peptide, Aminosäuren etc enthalten, möglicherweise doch einiges zuviel zu. Er berücksichtigt auch nicht, dass eine Verhaltensmutation nichts anderes darstellt, als den plötzlich auftretenden Fehler innerhalb eines bestehenden und bisher erfolgreichen funktionierenden Bauplans für eine biochemische Substanz. Wie wir oben schon ausgeführt haben, können zwar solche Substanzen Verhaltensweisen intensivieren, auslösen (als Signal) oder bei Verlust wegfallen lassen, doch ist dies doch wohl etwas vollkommen anderes, als die Vorstellung, aus diesem Material ergäbe sich schließlich die Programmierung von Tausenden von neuronalen Zellen eines Wespengehirnes, die notwendig sind, um ein solches komplexes Brutverhalten durchführen zu können.
Da wir wissen, dass solche neuronalen Vernetzungen nachgewiesenermaßen das Ergebnis von Lernprozessen sind und da alle Lebewesen lernfähig sind, scheint es viel näher liegender zu sein, anzunehmen, dass vererbte komplexe Verhaltensweisen das Ergebnis vorheriger Lernprozesse darstellen.
Und damit sind wir bei der entscheidenden Frage angelangt :
Gibt es eine Vererbung erworbener Eigenschaften?
Jean Baptiste Lamarck (1744-1829) entwickelte als erster eine in sich geschlossene Evolutionstheorie. Kernpunkt dieser Theorie war folgende Überlegung:
Alles, was die Individuen durch den Einfluss der Verhältnisse, denen ihre Rasse lange Zeit hindurch ausgesetzt ist und folglich durch den Einfluss des vorherrschenden Gebrauchs oder konstanten Nichtgebrauch eines Organs erwerben oder verlieren, wird durch die Fortpflanzung auf die Nachkommen vererbt, vorausgesetzt, dass die Veränderungen beiden Geschlechtern oder den Erzeugern dieser Individuen gemein sind.
Bezieht man diese Aussage auf die Vererbung von Verhaltensweisen, dann wird deutlich, dass die biologische Intelligenz, indem sie den Lebewesen die Möglichkeit verleiht, neue Verhaltensweisen anzuwenden, nicht nur indirekt auf die Evolution Einfluss nehmen würde[5], sondern dadurch sogar den Rang eines entscheidenden Evolutionsfaktors einnähme. Die neuen Verhaltensweisen müssten nicht in jedem Fall von den Eltern erlernt werden, sondern sie würden per Vererbung fester Verhaltensbestandteil der Nachkommen! Besonders bei weniger komplexen Lebewesen, bei denen eine Orientierung am Verhalten der Eltern gar nicht möglich ist, weil die Nachkommen nach der Eiablage allein zurecht kommen müssen, würde dies von entscheidender Bedeutung.
Sollte die Vererbung erworbener Eigenschaften auch für körperliche Organe gelten, dann ergäbe sich in Zusammenhang mit der Vererbung erworbener Eigenschaften eine weitgehend durch die Lebewesen selbst hervorgerufene Evolution!
Nun ist die herkömmliche Evolutionsbiologie auf die Vererbung erworbener Eigenschaften, höflich ausgedrückt, schlecht zu sprechen.
Die Indizien und sogar die Experimente zu Gunsten der Vererbung erworbener Eigenschaften werden zumeist vollkommen ignoriert, weil man folgendes Dogma vertritt: Es gelangen keine Informationen aus dem Körper und in Keimzellen.
Da es aber Indizien und sogar Experimente gibt, deren Interpretation eine Vererbung erworbener Eigenschaften nahe legen, und das eben angesprochene Dogma ursprünglich von einem vehementen Vertreter einer konkurrierenden Evolutionstheorie stammt (Weißmann), sollte man sich nicht lange damit aufhalten, auch wenn es von den Entdeckern der DNS, Crick und Watson, erneuert wurde. Es ist ein Dogma!
Als Indizien für eine Vererbung erworbener Eigenschaften können folgende Besonderheiten bei Embryos angesehen werden:
- Obwohl der menschliche Embryo nicht herumgeht, weisen seine Fußsohlen eine verdickte Haut auf;
- Wie die erwachsenen Kamele, die im Sand knien, weist auch deren Embryo die dementsprechenden Schwielen an die Knien auf;
- Die starken Hornhautausbildungen des afrikanischen Warzenschweins, die sich an den Fußgelenken durch seine kniende Nahrungsseuche bilden, weist auch schon dessen Embryo auf.
Folgende Experimente bzw. wissenschaftliche Forschungsergebnisse lassen sich als Beleg für die Vererbung erworbener Eigenschaften ansehen:
- Schneidet man die Spitze eines Blattes, auf der eine Raupe der Mottenart Gracilaria stigmatella sitzt, ab, dann kann die Raupe sich nunmehr nicht mehr von der Spitze her durch Einrollen des Blattes schützen, wie sie es sonst tut, sondern benutzt dazu den seitlichen Teil des Blattes. Lässt man nun drei Nachfolgegenerationen lang die Mottenraupen wieder auf Blättern mit Spitzen aufwachsen, rollen weiterhin ca. 20% aller Raupen das Blatt von der Seite ein.[6]
- Ratten, die ein bestimmtes, mit dem Fressen aufgenommenes Gift überlebt haben, können eine entsprechende biochemische Information Gift an ihre Nachkommen vererben.[7]
- Da es Vogelarten gibt, deren Zugrichtung vererbt ist und solche bei denen dies nicht der Fall ist, z.B. Wildgänse, erscheint es nur plausibel, dass es sich im ersteren Fall um eine Vererbung ehemals erworbener (und dann immer wieder durchgeführter) Verhaltensweisen handelt![8]
Im Gegensatz zu fast allen Lehrbüchern, in denen die These vertreten wird, dass es keine denkbare Möglichkeit gäbe, durch die Umweltbedingungen auf die Gene einwirken könnten, und es demzufolge es auch keine Vererbung erworbener Eigenschaften geben könne, betont die Epigenetik, dass nicht nur der Inhalt der Erbinformation wichtig ist, sondern auch die Art, wie die Gene abgelesen werden. Nachgewiesen werden konnte, dass Umwelteinflüsse die epigenetischen Faktoren ändern können, sodass diese Veränderungen, z.B. der Fell- oder Augenfarbe,, auch auf die folgenden Generationen übertragen werden können. Zusammenfassend meint z.B. Professor Renato Paro vom Zentrum für Molekularbiologie in Heidelberg: Damit kommen wir immer mehr zu der Erkenntnis, dass die Lamarck`schen Ansichten, dass erworbene Eigenschaften auf die Nachkommen weiter vererbt werden können, vielleicht doch richtig sind.[9]
Die moderne Genetik hat sogar die epigenetischen Möglichkeiten rein theoretisch enorm erweitert: Die in jedem Lebewesen vorhandenen Hox- bzw. Homgene bestimmen den Körperbau und verändern diesen im Sinne eines Aus- und Einschalters, d. h. im Experiment wuchsen z.B. Schlangen kleine Beine oder aus Mäusebeinen wurde so etwas ähnliches wie eine Flosse.
In diesem Zusammenhang dürfte auch folgendes Phänomen stehen: Bei der Untersuchung von jungen Buntbarscharten aus dem Viktoriasee, stellte man fest, dass die molekulare Evolution offensichtlich nicht Schritt gehalten hat mit der morphologischen Evolution[10]. Das heißt: Zuerst ändert sich die Form des Tieres und dann entstehen (möglicherweise) irgendwann genetische Unterschiede. Das belegen auch so genannte Adaptionen, z.B. wurde ein amerikanisches Fingerkraut in vier verschiedenen Umwelten ausgesät und es entstanden vier verschiedene Phänotypen.
Zum Abschluss unserer Überlegungen und quasi als Überleitung zum nächsten Abschnitt noch Folgendes: Die Anpassungsfähigkeit und insbesondere die plötzlich auftretende Resistenz von Bakterien gegenüber Penizillin, führte dazu, dass Biologen seit den 1990 iger Jahren mittlerweile die Möglichkeit einräumen, dass Darwins Theorie einer Evolution durch zufällige Mutationen (...) nur noch für höhere Lebewesen gelte(n) und Lamarcks Theorie einer Anpassung der Lebewesen als Antwort auf geänderte Umweltbedingungen allein auf die Bakterien (zuträfe)[11].
Zusammenfassung: Neben der Plausibilität, sowie Indizien und Experimenten, die für die Vererbung erworbener Eigenschaften sprechen, zeichnet sich mit den Forschungen der Epigenetik sogar ein ganz neuer Erklärungsansatz für die Vererbung erworbener Eigenschaften ab. Sollte dieser Ansatz sich als haltbar erweisen, dann ergäbe sich ein wissenschaftlicher Treppenwitz ohnegleichen: jahrzehntelang hat die etablierte Biologie die Vererbung erworbener Eigenschaften auf Grund der Unmöglichkeit einer Umweltwirkung auf die Gene abgelehnt, dabei aber nicht in Rechnung gestellt, dass dies überhaupt nicht notwendig sein bräuchte, um morphologische Veränderungen bei den Nachkommen hervorzurufen!
Daran, dass es eine Vererbung erworbener Eigenschaften gibt, dürfte nunmehr keinerlei Zweifel bestehen. Ungeklärt aber bleibt, in welchem Umfang diese existiert (nur für chemische Merkmale, oder auch für physische und für vererbte Verhaltensweisen?), und wie sie die Entwicklung der Lebewesen beeinflusst. Im Rahmen unserer Theorie der Biologischen Intelligenz würde eine Vererbung erworbener Verhaltensweisen aber bedeuten, dass insbesondere biochemisch einfachere Lebewesen von ihr erheblich profitiert hätten bzw. profitieren.
- ↑ Scheller, Richard. A. / Axel, Richard; Wie Gene ein angeborenes Verhalten steuern; in: Spektrum der Wissenschaft (Verständliche Forschung.) Erbsubstanz DNA. Vom genetischen Code zur Gentechnologie; Heidelberg 1986(3); S. 180-189
- ↑ Die Zellen von Mehrzellern sind oftmals nur noch mit speziellen Aufgaben befasst, die Protozoen müssen aber gleichzeitig eine Vielzahl der Aufgaben erfüllen, für die beim Mehrzeller eigenständige Organe zuständig sind!
- ↑ Treffen einzellige Pantoffeltiere auf ein Hindernis im Wasser, schwimmen sie in einem bestimmten Winkel eine kleine Strecke zurück, und schlagen von hier aus wiederum einen bestimmten Winkel ein, um an dem Hindernis vorbeizuschwimmen. Gelingt ihnen das nicht, wiederholen sie diesen Wikelschwimmen so oft, bis es ihnen gelingt. Der Sinn dieser Aktion: bei zwei sich gegenüberliegenden Hindernissen, würde die Umkehr der Schwimmrichtung zu einem ständigem Pendeln zwischen den zwei Hindernissen führen!
- ↑ Dworschak, Manfred; Meister der Täuschung; in: Der Spiegel (Zs,): Nr. 14/2007; S. 149
- ↑ im Sinne des Zitates von Klaus Immelmann zu Beginn des Abschnitts A.6
- ↑ Zimmermann, Werner; Vererbung erworbener Eigenschaften und Auslese; Stuttgart 1965(2); S. 96 (Für den kritischen Leser folgende Anmerkung: Der Autor steht der Vererbung erworbener Eigenschaften ablehnend gegenüber !)
- ↑ Dieses bekannte Phänomen wurde früher als erlerntes Verhalten der Nachkommen betrachtet. Quellen für die Vererbung: Schwertner, Peter; Ungeliebte Tiere; und wie sie wirklich sind; Hannover 1981;S. 125 - oder: Radke, Anna-Maria; Die Welt erobert - Die Weltbesetzt; in: Hannoversche Allgemeine Zeitung Nr. 21 vom 25.1.1992- ( und dort die Meinung von Professor Hapke vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Tierärztlichen Hochschule in Hannover wiedergebend).
- ↑ Die Nichtvererbung bei Wildgänsen könnte sich von daher erklären lassen, dass sie mehrere Überwinterungsquartiere besitzen, so dass sich keine feste Route einprägt! Als weiterer Beleg können die Mönchsgrasmücken angesehen werden, von denen ein Teil seit 1961 Jahren in England überwintert und es sich zeigte, dass in nur 25 Jahren diese Zugänderung schon vererbt worden war. Da diese England-Zieher früher als ihre nach Afrika fliegenden Kollegen zurückkehren, verpaaren sie sich in hohem Maße untereinander, so dass den Nachkommen dieselbe Flugrichtung vererbt wird.
- ↑ zit. nach: www.uni-heidelberg.de/presse/news o5/2502paro.html; S. 2; vergl. auch dazu: Haro, Albrecht; Großvaters Erblast; in: Die Zeit Nr. 37/2003. Oder: Müller-Jung, Joachim; Der Lamarck-Code; in: Frankfurter Allgemeine Zeitung; Nr. 233/2003; S. N l. Im übrigen ist das Phänomen vom Prinzip her längst bekannt: ein Blick in einen beliebigen Tierführer belegt: Farbvariationen werden schon dort auf unterschiedliche Umweltbedingungen zurückgeführt (und nicht auf das Walten von Selektion und Mutation).
- ↑ Goldschmidt, Tijs; Darwins Traumsee. Nachrichten von meiner Forschungsreise nach Afrika; München 1999; S. 90
- ↑ Cannon, Geoffrey; Antiobiotika-die sanften Killer; München 1996; S. 168 Anmerkung 3. Dort auch Verweis auf: Lewin,. Can bacteris direct their own evolution; in: New Scientist v. 15.9.1990 und Symonds, N.; A fitter theory oft evolution; in: New Scientist vom 21.9.1991. Ähnliche Überlegungen stellt Steven Rose an: Rose, Steven; Darwins gefährliche Erben. Biologie jenseits der egoistische n Gene; München 2000; S. 235 (Doch es häufen sich die Beweise darauf, dass es zumindest bei Bakterien in der Tat adaptive Mutationen geben kann. Mutationen heißt das, die auf die eine oder andere Weise durch Umweltfaktoren gesteuert werden...